Schule, MSA und Abitur

In jeder Klasse gibt es ganz unterschiedliche Typen, von der Einschulung bis zum Abitur: Vom stillen, zurückhaltenden Jungen bis zur selbstbewussten Wortführerin ist alles dabei. Laute und Leise. Schüchterne und Selbstbewusste. Der lautstarke Sitzenbleiber und die introvertierte Mathekönnerin. Die extrovertierte Sportlerin und das stille Latein-As. Es gibt Kinder, die erst 1oo%ig sicher sein möchten, dass es auch wirklich richtig ist, was sie sagen möchten und darüber verpassen, sich zu melden. Anderen mangelt es nicht an Selbstbewusstsein und sie rufen in die Klasse, sobald ihnen etwas einfällt.

Die Stillen pushen und die Starken deckeln?

Die Schüchternen müssen mutiger werden, die Selbstbewussten könnten manchmal auch ruhig ein bisschen zurückhaltender sein. Damit zu jonglieren ist für die LehrerInnen nicht einfach, aber auch in der Klasse führt das häufig zu Konflikten oder Unausgewogenheit. Die Einen kommen nicht zum Zug, die Anderen sollen sich ständig zurückhalten. Eine Balance zu finden, während auch noch Unterrichtsstoff vermittelt werden soll, ist nicht einfach.

Anpassen oder herausstechen – wo ist der Mittelweg?

Kinder und Jugendliche werden einerseits zwar ständig zu Diskussionen aufgefordert, müssen Referate halten und ihre Meinung äußern, andererseits werden sie gerade im städtischen Umfeld immer wieder dazu angehalten, Rücksicht zu nehmen und vorsichtig zu sein. Sei dürfen selten schreien, toben und rennen- die Nachbarn würden sich gestört fühlen oder ein Auto könnte zur Gefahr werden. Sich anrempeln, schubsen und prügeln ist Tabu.

Gleichzeitig sind die Kinder und Jugendlichen Teil einer Gesellschaft, in der sie sich früher oder später behaupten müssen, eine Stimme haben sollen und aus der Masse herausstechen möchten. Sie sollen sich wehren können, gegen Mobbing und körperliche Übergriffe.

Die Kinder und Jugendlichen stehen vor dem Dilemma, gleichzeitig angepasst und stark sein zu müssen. Den Mittelweg zu finden ist nicht einfach. Den Mittelweg zu zeigen ist genauso schwierig.

Körperbewusstsein und hilfreiche Brücken

Ein Stimmtraining ist nicht nur ein Weg, die eigene Stimme kennenzulernen und zu stärken. In einem Stimmtraining geht es auch darum, den eigenen Körper als Instrument zu begreifen und ein Bewusstsein für die eigenen Möglichkeiten zu entwickeln. Ganz authentisch, orientiert an der einzelnen Person, ohne zu überfordern. Gemeinsam werden Strategien erarbeitet, die Schritt für Schritt dabei helfen, ein bisschen mutiger zu werden und die Stimme einzusetzen. Das sind kleine Brücken auf Körperebene, die helfen können, eine Barriere zu überwinden. – Manchmal kann es schon helfen, sich mit einer Hand am Stuhl festzuhalten, damit die Stimme nicht so zittert, wenn man im Matheunterricht dran kommt.

MSA und Abitur – Selbstbewusstsein in mündlichen Prüfungen

Spätestens, wenn es an die Präsentationsprüfungen geht, führt kein Weg mehr daran vorbei, sich der Situation zu stellen. Allein, in dem Moment ruhig zu stehen und nicht zu hampeln ist eine Herausforderung. Dazu noch klar und deutlich sprechen, die Prüfenden ansehen. Ganz nebenbei zählt dann ja auch noch der Inhalt! „Steh gerade, mach den Mund auf und nuschle nicht. Konzentrier dich doch mal!“. Eltern sagen das tausendfach und können sich selbst nicht mehr hören, genervten Kindern und Jugendlichen kommt es aus den Ohren wieder raus. Manchmal ist es gut, wenn eine aussenstehende Person ohne Leistungsdruck und häusliche Kämpfe da ein bisschen anschiebt. Weniger zum Optimieren der Leistungen, als vielmehr zur Stärkung der Persönlichkeiten, die vielleicht ein kleines Stückchen aufrechter und mutiger werden.

Einzeltraining ohne blöde Blicke und dumme Kommentare

In einem Einzeltraining wird -ohne zu psychologisieren- geschaut, in welchen Situationen Unsicherheit aufkommt und wie sie sich dann zeigt. Weiche Knie? Zittrige Hände? Eine wacklige Stimme? Tomatenroter Kopf? Es gibt keine Wundermittel, die mit einem Mal alles abschalten und einen plötzlich zu einer coolen, souveränen Person machen. Aber es gibt ein paar kleine Tricks, mit denen man sich runterholen und beruhigen kann. Das macht es dann schon einfacher.

Wir schauen gemeinsam, welche Elemente man vielleicht aus dem Sport verwenden kann, in welcher Weise das Instrument, das gespielt wird, helfen kann. Wer schwimmt, kann bestimmte Muskelgruppen auch beim Sprechen einsetzen; wer Geige spielt, kann mit einem kraftvollen Bogenstrich auch Festigkeit in die Stimme bringen. Ein Sprechtraining ist immer auch ein kleines Workout für die Bauchmuskulatur…

Workshops als Gruppenerlebnis

Im Klassenverband oder in der Gruppe ist ein Sprechtraining ein lebendiges, sportliches Ereignis, das den Zusammenhalt stärkt. Sich gegenseitig unterstützen, ermutigen, vielleicht aus der Reserve locken. Sich herausfordern und sich auch mal zurücknehmen. Spüren, wie man die Stimme abwechslungsreich gestalten kann: Man wird auch gehört und wahrgenommen, wenn man nicht schreit – es ist gut, das zu wissen – egal, ob man eher zur stillen oder zur lauten Fraktion gehört.

Das alles sind Erfahrungen, die im Schulalltag nicht immer ausreichend thematisiert werden können. An einem Projekttag ist dafür ausreichend Zeit. In Zusammenarbeit mit einem Karatetrainer und Coach werden in dem Workshop Grenzen der Stimme erfahren und erprobt. Es geht um Wahrnehmung, Selbstbewusstsein und natürlich um Spaß ohne Leistungsdruck.